Die Fiskalvertretung in Deutschland

Wer Waren, die für einen Empfänger in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt sind, über einen deutschen See- oder Flughafen importiert, kann bei der Abfertigung zum freien Verkehr durch das Verfahren 42 die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) beantragen. Wenn das Unternehmen in Deutschland nicht steuerlich registriert ist, kann es sich eines Fiskalvertreters bedienen, der die steuerlichen Pflichten als seine eigenen wahrnimmt. Der folgende Artikel erklärt, warum es die Fiskalvertretung gibt und welche Voraussetzungen daran gebunden sind.

Geschichte und Rechtsgrundlage

Mit dem vollendeten Inkrafttreten des Binnenmarkts und des Zollkodex zum 1. Januar 1993 fielen bis dahin notwendige Zollverfahren und -kontrollen zwischen den Mitgliedstaaten weg. Damals galt die 6. EG-Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuern von 1977, die hierfür noch einmal umfassend geändert wurde. Das heutige deutsche Umsatzsteuergesetz basiert auf der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL), die im Jahre 2006 in Kraft trat, und die 6. EG-Richtlinie ablöste.

Bei einer Lieferung z. B. von deutscher Ware in die Niederlande, mussten vor 1993 eine Ausfuhranmeldung und ein Versandverfahren erstellt werden. In den Niederlanden wurde dann die Ware beim Zoll gestellt. Das Versandverfahren T2 wurde mit einer Zollanmeldung zum freien Verkehr beendet. Durch die Überlassung in den freien Verkehr wurde dann auch die EUSt fällig. Hierdurch wurde sichergestellt, dass das Abgangsland (DE) von der Umsatzsteuer entlastet, und das Bestimmungsland (NL) mit der Umsatzsteuer belastet wird.

Mit dem EG-Binnenmarkt fielen diese Verfahren weg. Es musste jedoch eine Regelung für die Erhebung der Umsatzsteuer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen gefunden werden, die das bisherige Verfahren innerhalb der EG ersetzten. Die Vorgaben aus der 6. EG-Richtlinie (und auch aus der MwStSystRL) mussten von allen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Neben einer Fülle von „Muss-Vorschriften“, gibt es aber auch einige „Kann-Vorschriften“. Dies erklärt die unterschiedliche Ausgestaltung der Umsatzsteuergesetze in den Mitgliedstaaten. Durch die „Muss-Vorschriften“ wird sichergestellt, dass alle nationalen Regelungen in allen Mitgliedstaaten einer einheitlichen Systematik folgen, damit der Binnenmarkt aus Sicht der Umsatzsteuer funktioniert.

Die Regelungen zum Fiskalvertreter gehört in der MwStSystRL zu den „Kann-Vorschriften“. Von der Möglichkeit diese umzusetzen, wurde nicht in allen Mitgliedstaaten Gebrauch gemacht. Die Fiskalvertretung wurde durch einen Erlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11. Mai 1999 im deutschen Umsatzsteuerrecht ermöglicht. Die Ermächtigung hierfür enthielt schon die 6. EG-Richtlinie, die in die MwStSystRL übernommen.

Problematik vor Einführung des Fiskalvertreters im deutschen UStG

Wenn ein Unternehmen aus einem anderen Mitgliedstaat (z. B. Österreich) Ware aus einem Drittland (z. B. China) über einen deutschen See- oder Flughafen importierte, und die Ware schon bei Ankunft zum freien Verkehr abgefertigt werden sollte, fiel mit der Abfertigung zum freien Verkehr nicht nur der Zoll, sondern auch die deutsche EUSt an. Durch die nationalen Regelungen und nicht ausreichende Harmonisierung in den Mitgliedstaaten, war es einem österreichischem Unternehmen nicht möglich, die EUSt, die er in Deutschland bezahlt hat, in Österreich als Vorsteuer geltend zu machen. Dies ist auch heute noch so.

Damalige Alternativen zur Fiskalvertretung

Warum sind alle drei Alternativen für den Importeur unbequem?

Für die erste Alternative muss ein Versandverfahren eröffnet werden, um die Ware vom Hafen/Flughafen zum Bestimmungsort in Österreich zu transportieren. In Österreich muss die Ware dann erneut beim Zoll gestellt werden. Das Versandverfahren muss beendet und eine Zollanmeldung zum freien Verkehr abgegeben werden. Durch die Verlegung der EUSt-Zahlung auf die Umsatzsteueranmeldung in Österreich ist dies dort heute keine notwendige Option mehr – gleichwohl aber in anderen Ländern, in denen es diese Möglichkeit zurzeit nicht gibt
Bei der zweiten Alternative bleibt dem Importeur das Versandverfahren und der erneute Zollstopp in Österreich zwar erspart, aber der Importeur kann in Österreich keine deutsche EUSt beim österreichischen Finanzamt geltend machen. Er bleibt entweder auf den Kosten sitzen, oder muss sich die EUSt umständlich und zeitaufwändig erstatten lassen.

Die dritte Alternative führt ihn zwar zum Ziel, aber die steuerliche Registrierung in Deutschland setzt auch voraus, dass alle steuerlichen Anmeldeverpflichtungen erfüllt werden. Der Preis dafür ist ein höherer administrativer Aufwand.

Was macht dann ein Fiskalvertreter?

Der Fiskalvertreter wurde im deutschen Umsatzsteuergesetz (UStG) mit dem folgenden Ziel eingeführt:Der Fiskalvertreter wurde im deutschen Umsatzsteuergesetz (UStG) mit dem folgenden Ziel eingeführt:

Der Fiskalvertreter kann die Verpflichtungen als steuerlicher Vertreter für den Importeur als seine eigenen übernehmen.

Die Regelungen für die Voraussetzung, unter denen ein Fiskalvertreter tätig werden darf, finden sich im UStG §22 a bis f. Dem Fiskalvertreter wird eine gesonderte Steuernummer und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für die Fiskalvertretung erteilt. Der Vertretene tritt in Deutschland unter dieser Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auf, um diese Voraussetzung für die innergemeinschaftliche Lieferung zu erfüllen.

Vertreten lassen können sich Unternehmen, die in Deutschland selber nicht steuerlich registriert sind, und auch nicht ihren Sitz, eine Zweigniederlassung oder die Geschäftsführung in Deutschland haben. Zudem dürfen sie ausschließlich steuerfreie Umsätze ausführen und keine Vorsteuerbeträge abziehen. Sofern ein Vertretener umsatzsteuerpflichtige Geschäfte tätigt, oder in Deutschland EUSt entrichtet hat, ist die Fiskalvertretung in dem betroffenen Meldezeitraum für diese Firma nicht mehr möglich.

Für den Fiskalvertreter gibt es einige Rechte, aber vor allem auch Pflichten, die er als eigene zu erfüllen hat. Hierzu zählt die Abgabe einer zusammenfassenden Meldung beim Bundeszentralamt für Steuern. Wichtig hierbei ist eine funktionierende Kommunikation zwischen dem Fiskalvertreter und dem Erwerber, der vertreten wird. Der Erwerber muss die Bemessungsgrundlage für die EUSt in der Erwerbssteueranmeldung bei seinem Finanzamt berücksichtigen. Beide Beträge müssen übereinstimmen – der Betrag, der vom Fiskalvertreter gemeldet wird, und der Betrag, der als innergemeinschaftlicher Erwerb vom Erwerber in seinem Mitgliedstaat angemeldet wird. Differenzen in der Höhe der gemeldeten Summen führen sehr oft zu vermeidbaren Nachforschungsverfahren der ausländischen Finanzämter. Der Fiskalvertreter muss die Aufzeichnungen für jeden Vertretenen gesondert führen, und eine Umsatzsteuererkläung abgeben.

Gemäß §22c UStG muss die Rechnung zusätzlich zu den Angaben, die für die innergemeinschaftliche Lieferung erforderlich sind, für die Fiskalvertretung die folgenden Angaben enthalten:

Der Fiskalvertreter benötigt für die Vertretung, je nach Fallkonstellation, eine schriftliche Vollmacht des Erwerbers oder Verkäufers, der vertreten werden soll. Eine reine Zollvollmacht ist hierfür nicht ausreichend.

Da der Fiskalvertreter die Buch- und Belegnachweise in Deutschland führen muss, benötigt er auch einen Beleg zum Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung gemäß §17 a UStDV. Durch die Möglichkeit der Gelangensbestätigung wurde die Erfüllung der Nachweispflichten, insbesondere bei elektronischer Kommunikation, erheblich vereinfacht.

Sofern eine oder mehrere der beschriebenen Verpflichtungen durch den Vertretenen nicht erfüllt werden – z.B. durch einen fehlenden Nachweis über die innergemeinschaftliche Lieferung, haftet in Deutschland, sofern keine grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorliegt, nicht der Fiskalvertreter, sondern der Erwerber für die EUSt. Es liegt also im eigenen Interesse des Vertretenen, einen Fiskalvertreter zu beauftragen der sein Geschäft ordnungsgemäß betreibt, und allen Verpflichtungen gewissenhaft nachkommt.

Anwendungsbereich und Voraussetzungen

Die Fiskalvertretung findet fast ausschließlich Anwendung im Zusammenhang mit der Abfertigung zum freien Verkehr bei Einfuhren aus Drittländern. Hierbei sind nicht nur die Regelungen zum Fiskalvertreter (§22a bis e), sondern auch zu den komplexen Regelungen zu innergemeinschaftlichen Lieferungen zu beachten.

Die Abfertigung zum freien Verkehr wird dabei in Deutschland grundsätzlich im Verfahren 42, bzw. 63 nach vorheriger passiver Veredelung, angemeldet. Hinter dem Verfahren 42 verbirgt sich

die Gleichzeitige Überführung von Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung. (Befreiung von der EUSt) nach § 5 Absatz 1 Nr. 3 UStG in einen anderen Mitgliedstaat, gegebenenfalls mit Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren in einem Verfahren der Steueraussetzung

Die Anmeldung erfolgt analog zum Verfahren 40, bei dem die Eingangsabgaben inklusive der EUSt erhoben werden. Im Unterschied zum Verfahren 40 schließt sich aber an die Abfertigung zum freien Verkehr eine steuerbefreiende innergemeinschaftliche Lieferung an. Diese muss nach Überlassung in Deutschland beginnen, und in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland enden. Welcher Zeitraum zwischen Überlassung und Lieferung liegen darf, ist rechtlich unbestimmt. Als Daumenregel wird in der Praxis eine maximale Frist von 2 Wochen angesetzt, die zwischen Überlassung und der Weiterbeförderung in einen anderen Mitgliedstaat liegen sollten. Grundsätzlich ist es erlaubt, die Ware in der Zwischenzeit zu be- oder verarbeiten, wenn ein Bezug zwischen der abgefertigten und der gelieferten Ware hergestellt werden kann.

Die Prüfung, ob eine Fiskalvertretung möglich ist, muss bei jedem Auftrag erneut und getrennt nach den folgenden Kriterien erfolgen:

Während die formalen Anforderungen relativ einfach zu prüfen sind, ist die Prüfung, ob die Anforderungen an eine steuerbefreiende innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt sind, ungleich komplexer und erfordern eine tiefgehende Kenntnis des Umsatzsteuerrechts.

Die Fiskalvertretung in anderen Mitgliedstaaten

Da die Fiskalvertretung eine Umsetzung in nationales Recht erfordert, ist die Umsetzung innerhalb der EU auch nicht einheitlich. Hier gibt es teils sehr große Unterschiede.

In Österreich und Polen wurde die Fiskalvertretung im Großen und Ganzen zu gleichen Bedingungen und Voraussetzungen umgesetzt. In beiden Ländern wird die Genehmigung, als Fiskalvertreter tätig zu werden, jedoch nur erteilt, wenn dieser in indirekter Vertretung anmeldet. Der Fiskalvertreter wird dadurch in eine zollrechtliche Verantwortung und Haftung gezwungen, die mit der Fiskalvertretung selbst eigentlich nichts zu tun hat. In Österreich gibt es viele Fälle, in denen der Fiskalvertreter sogar die Konsequenzen dafür tragen muss, dass der Erwerber seine Anmeldeverpflichtungen im Bestimmungsland erfüllt hat. Und das obwohl die Ankunft im anderen Mitgliedstaat zweifelsfrei nachgewiesen und auch alle anderen Verpflichtungen durch den Fiskalvertreter erfüllt wurden.

In den Niederlanden ist die Systematik wiederum eine ganz andere. Dort heißt die Fiskalvertretung zwar so, aber genau genommen ist es gar keine. Der erste Unterschied ist, dass im Verfahren 40 statt 42 zum freien Verkehr abgefertigt wird. Der Fiskalvertreter wird in dem Fall selber Schuldner der EUSt und bewirkt anschließend die innergemeinschaftliche Lieferung.

Die Zahlung der EUSt findet aufgrund der Verlegung des Zeitpunkt der Zahlung auf die Umsatzsteuervoranmeldung faktisch nicht statt, da die Steuerschuld in diesen Fällen gleich null ist. Gleichwohl unterliegt die innergemeinschaftliche Lieferung den gleichen Anforderungen. Sollten eine oder mehrere Anforderungen allerdings nicht erfüllt sein, oder aber die innergemeinschaftliche Lieferung nicht erklärt oder nicht nachgewiesen werden können, haftet der Fiskalvertreter in der Regel 7 Jahre lang rückwirkend für 100% der EUSt.

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